In Action bei ABB Traction

Eine Modelleisenbahnfanatikerin ist Franziska nicht. Eisenbahnen haben sie aber schon immer begeistert.
Als Kind waren es noch die Dampfloks, heute ist es vor allem eines: die Technik. Franziska arbeitet bei ABB in Turgi im Bereich Traction. Was sie dort macht, erzählt sie uns im Interview.
Die wichtigste Frage zuerst: Hand aufs Herz, wie viele Züge hast du schon gebaut?
Erstmal vorweg: Wir bauen hier keine ganzen Züge. Wir arbeiten hier an den elektrischen Antriebssystemen für Eisenbahnfahrzeuge, zum Beispiel Triebzüge oder Trams. Zu unserem Portfolio gehören aber auch Antriebe für elektrisch betriebene Busse wie Trolley Busse. In anderen Worten: Bei ABB Traction dreht sich alles rund um Motoren, Umrichter und Transformatoren.
Und was sind deine Aufgaben?
Ich bin hier im System Engineering. Das heißt, wir übernehmen vor allem technische Aufgaben. Das fängt mit der Designphase an, in der wir das System so auslegen, dass alle Anforderungen erfüllt werden. Hier machen wir viele Simulationen und Berechnungen am PC. Danach geht es weiter mit der Testphase im Labor und auf dem Fahrzeug. Wir sind zum Beispiel bei Systemtests dabei und überprüfen bei Messfahrten den Einfluss unseres Systems auf die Infrastruktur, um Störungen von Sicherheitsanlagen ausschließen zu können.
Daneben übernehme ich in der Rolle der Technischen Projektleiterin klassische Projektleitungsaufgaben: Ich setze Projektpläne und Timelines auf, koordiniere Ressourcen oder stimme mich mit Kunden ab.
Stichwort Zeitplan: Wie lange dauert es denn, bis so ein Antriebssystem gebaut ist?
Das ist unterschiedlich und hängt von den Anforderungen unserer Kunden ab. Bei Umrichtern, die wir in der gleichen Form schon einmal geliefert haben, liegt die Dauer im Bereich weniger Monate. Häufig ändern sich aber die Anforderungen. Je nachdem, wie viele neue Aspekte wir berücksichtigen sollen und wie komplex diese sind, kann es schon mal drei bis vier Jahre dauern. Die meisten Projekte bewegen sich aber im Rahmen von ein bis zwei Jahren.
Es ist sicher spannend, ein Projekt über diesen Zeitraum zu begleiten. Gibt es ein Produkt oder Projekt, das dir besonders am Herzen liegt?
Es ist weniger das eine Produkt oder Projekt. Was ich vor allem spannend finde, ist die Vielseitigkeit. Ich kann zum Beispiel an einem Lokomotiven-Projekt arbeiten und parallel ein Projekt im Bereich Tram begleiten. Das sind ganz unterschiedliche Größenordnungen. Die Technologie, also die Leistungselektronik, und die Komponenten sind zwar gleich. Je nach Anforderung unterscheidet sich die Auslegung aber enorm. Oder um es anders zu sagen: Kein Projekt ist wie das andere. Es tauchen immer wieder neue Herausforderungen auf, neue technische Aspekte oder Kundenwünsche. So lernt man immer etwas Neues dazu.
Dir gefallen also die Vielseitigkeit und die Möglichkeit, dich immer neuen Herausforderungen zu stellen. Was noch?
Ich mag es, die Projekte wachsen zu sehen und die Entwicklung zu verfolgen: Von der Skizze auf dem Papier über den Bau und Tests bis hin zum fertigen Produkt. Dabei sind wir an ganz verschiedenen Schritten und Schnittstellen eingebunden und man hat die Möglichkeit, auch mal etwas auszuprobieren. Bei Testfahrten zum Beispiel. Auch das macht die Arbeit interessant. Denn dadurch komme ich mit Kollegen aus ganz verschiedenen Fachbereichen und Nationen in Kontakt. In der Regel sind wir sechs bis zehn Personen pro Projekt. Und auch sonst ist die Eisenbahn-Welt sehr angenehm.
Wie meinst du das?
Die Branche hat eine überschaubare Größe, deshalb kennt man sich in der Regel mit der Zeit sehr gut. Unsere Kunden verstehen wir auch eher als Partner. Man vertraut sich und versucht gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Der Bereich Traction ist zudem sehr dynamisch. Hier besteht eine große Offenheit für neue Technologien, neue Lösungswege und neue Trends.
Hast du ein Beispiel für einen solchen Trend?
Einer der größten Trends unserer Branche ist sicher die Entwicklung hin zur elektrischen Bahn. Während in Europa nur ein Teil des Eisenbahnnetzes noch nicht elektrifiziert ist, fahren die Züge in den USA noch größtenteils mit Diesel. In beiden Regionen ist der Trend zu elektrischen Antrieben aber klar erkennbar. Es werden Strecken elektrifiziert oder man fährt gleich mit Batterie. Für solche Anwendungen bieten wir jetzt auch Traktionsbatterien «made by ABB» an.
Generell ist die Urbanisierung für uns natürlich ein Megatrend: Wenn immer mehr Menschen in Städten leben, stößt der Individualverkehr an seine Grenzen. Mit meiner Arbeit trage ich dazu bei, dass der Verkehr in und zwischen Städten auch in Zukunft funktionieren kann – und zwar ressourcen- und umweltschonend. Das gibt mir das Gefühl, dass das, was ich tue, einen Sinn hat. Dass ich an relevanten Fragestellungen arbeite. Und ob man es glaubt oder nicht: Dafür brauche ich tatsächlich oft das Wissen aus meinem Studium.
Würdest du den Bereich Traction also auch anderen Absolventen empfehlen? Warum?
Auf jeden Fall! Einige Gründe habe ich ja bereits angesprochen: die Vielfalt und Komplexität unserer Projekte, das dynamische Umfeld oder den großen Spielraum für Innovationen. Man sieht hier einfach sehr viel und lernt immer wieder dazu. Das macht großen Spaß. Wer sich also für Leistungselektronik, Regelungstechnik und natürlich die Bahn begeistert, ist bei Traction genau richtig.

Wie bist du eigentlich zu ABB Traction gekommen?
Ich habe schon während meines Elektrotechnik-Studiums ein Praktikum bei ABB im Bereich Traction gemacht. Vor allem der Bereich Leistungselektronik hat mich nämlich interessiert. Das habe ich dann auch im Master vertieft und unter anderem einen Bahntechnik-Kurs belegt. Bei ABB bin ich dann als Trainee eingestiegen. Im Rahmen des Programms war ich wieder bei Traction. Neben den spannenden Themen und Projekten hat mir besonders die Atmosphäre im Team gefallen. Und mittlerweile bin ich fast auf den Tag seit drei Jahren hier.
Letzte Frage für alle, die sich jetzt für Traction interessieren. Wo seid ihr überall vertreten?
Ich arbeite in Turgi in der Schweiz. Der Bereich Traction ist aber weltweit vertreten: Wir haben zum Beispiel auch Standorte in Deutschland, Polen, Italien, den USA oder Indien. Da unsere Kunden auch international verteilt sind, arbeiten wir sehr eng mit den Kollegen aus aller Welt zusammen.
Danke, Franziska.