Lichtmomente in der Dunkelheit von Västerås

Mein Auslandsassignment des Explorer Traineeprogramms verbringe ich in Schweden. Hier arbeite ich für sechs Monate bei ABB Robotics in Västerås.
ABB in Västerås
Den ersten Monat in der dunklen Jahreszeit Schwedens habe ich gut überstanden und an fünf Tagen im November konnte ich tatsächlich für ein paar Stunden die Sonne zwischen den vielen Wolken entdecken. Ansonsten ist der Himmel während der hellen Stunden, von 8 Uhr morgens bis 15 Uhr nachmittags (Stand Ende November), eher grau und die Sonne muss wohl irgendwo hinter der dicken grauen Wolkenschicht versteckt sein. Dennoch betrübt mich das Wetter hier nicht, denn es kann durchaus schön sein, am See Mälaren entlangzulaufen oder einen Ausflug auf die nahgelegene Insel Björnön zu unternehmen. Ich bin schon gespannt, wie es sein wird, wenn erst einmal der See zugefroren ist und eine Eisbahn vom Schnee freigeräumt wird. Ab Ende Dezember wird es dann auch mit dem Tageslicht wieder aufwärtsgehen, also alles halb so schlimm.
Västerås liegt 100 Kilometer westlich von Stockholm und ist der ehemalige Hauptsitz der damaligen Firma ASEA, die 1988 mit der schweizerischen Brown, Boveri & Cie (BBC) zu ABB fusionierte. Heute ist die ABB in der ganzen Stadt sehr gegenwärtig. Viele alte Backsteingebäude und ehemalige Fabrikhallen prägen das Stadtbild. Diese werden zwar heute nicht mehr von der ABB genutzt, dennoch hat mein Team mich stolz darauf aufmerksam gemacht, dass auch diese früher zu ABB beziehungsweise zu ASEA gehörten. Durch ihre allgegenwärtige Präsenz ist es naheliegend, dass ABB auch als Sportsponsorin fungiert und das hiesige Eishockeystadion «ABB Arena» heisst. Gemeinsam mit meinen Arbeitskolleginnen und -kollegen hatte ich im Rahmen eines Teambuildingevents gleich an meinem ersten Wochenende die Chance, hier ein Eishockeyspiel des Västerås Ishockeyklubbs anzusehen.

Meine Aufgaben im Qualitätsteam
Während meiner täglichen Arbeit im Qualitätsteam der Roboterproduktion, habe ich zwei wesentliche Aufgaben. Zum einen beschäftige ich mich mit den Vorlaufzeiten einer Produktionslinie. Um diese zu analysieren, spreche ich mit den verschiedenen Abteilungen wie Verkauf, Einkauf, Master- und Detailplanung, Produktionsmanagement, oder Versand. Damit ich die Ursachen der langen Vorlaufzeiten finden kann, werde ich aber noch oft nach dem «Warum?» fragen müssen. Aber genau diesen Austausch mit unterschiedlichen Personen, finde ich besonders spannend.
Zum anderen unterstütze ich die Qualitätsorganisation bei der Entwicklung eines Quality Dashboards, um zukünftig Kennwerte einfacher zugänglich und abrufbar zu machen. Hierfür beginnen wir mit der Arbeit innerhalb der Produktion. Später soll das Dashboard dann auch Kennwerte anderer Abteilungen beinhalten und aufzeigen.
Neben meinen Hauptaufgaben bekomme ich viel von der täglichen Feuerwehrarbeit des Qualitätsteam mit: ich bin bei Produktionsstopp-Meetings dabei und wenn die Produktion wieder aufgenommen wird, nehme an den morgendlichen Qualitätsmeetings teil und werde noch die ein oder andere qualitätsrelevante Aufgabe erledigen können, sobald ich mehr mit den hiesigen Abläufen vertraut bin.

Unterschiede zwischen der Arbeit bei ABB in Schweden und der Schweiz
Das Pausenareal ist für mich einer der grössten Unterschiede zwischen der Arbeitskultur in der Schweiz und jener in Schweden. Hier verbringt man nicht nur die «Fika», das heisst die Kaffeepause am Morgen und am Nachmittag, sondern meist auch die Mittagspause. Zum grössten Teil nehmen sich die Schweden ihr (selbstgekochtes) Mittagessen mit zur Arbeit und wärmen es sich in einer der vielen Mikrowellen auf. Mein Mittagessen im Pausenareal wird also immer von den Piepsgeräuschen der Mikrowellen begleitet, die gerade ein neues Gericht erhitzt haben.

Ich habe den Eindruck, dass die Schweden sich wohl am meisten um das (gesundheitliche) Wohl ihrer Mitarbeitenden kümmern, denn bei uns in Robotics gibt es zweimal die Woche frisches Obst: montags und mittwochs werden Birnen, Bananen, Äpfel, Mandarinen und Orangen angeboten. Jederzeit kann man sich eine Frucht aus den Körben nehmen und sie zusammen mit einem Kaffee oder Tee während der «Fika» geniessen.
Dunkle Produktionshalle erleuchtet im Kerzenlicht
Am 13. Dezember wird das faszinierende Luciafest in Schweden gefeiert. Zuerst wurde es in allen Bürogebäuden und Fabrikhallen ganz dunkel, denn alle Lichter werden ausgeschaltet. Daraufhin kamen Schulkinder mit Kerzen in die Gebäude und brachten wieder Licht ins Dunkel. Die Prozession wurde von einem Mädchen in weissem Kleid mit einem Kerzenkranz auf dem Kopf angeführt. Das Mädchen stellt die Lucia dar und ihr folgten in Zweierreihen weitere Mädchen in weissen Gewändern mit je einer Kerze in der Hand. Die Jungen trugen einen weissen spitzen Hut und einen Sternenanhänger um den Hals – sie sind die Sternenknaben. Alle Mitarbeitenden versammelten sich, während die Schulkinder Lucialieder sangen. Danach gab es für alle «Lussekatter», das ist ein traditionelles schwedisches Safrangebäck. Ich fand sehr eindrücklich, wie die dunkle Produktionshalle im Kerzenlicht erstrahlte und werde diese schwedische Tradition in guter Erinnerung behalten.
